Geschichte
Überblick zur Geschichte des Bürgerkorps Freistadt
Als Gründungsjahr ist 1132 angenommen, etwaige Dokumente sind leider verloren gegangen. Kurz nach der Stadtgründung wurde jedoch eine Bürgerwehr zum Schutz aufgestellt und Freistadt wurde im frühen 12. Jahrhundert gegründet. Die ersten Aufzeichnungen belegen, dass um 1350 ein Einfall von Böhmen her zurückgeschlagen werden konnte – dies dürfte die erste schriftliche Aufzeichnung des Auftretens einer Freistädter Bürgerwehr sein.
Erst im 15. Jahrhundert gibt es definitive, nachweisliche Aufzeichnungen über das Bürgerkorps – im Jahr 1452 wurde die Stadt Tag und Nacht von 28 Männern bewacht. Vom zweiten OÖ Bauernkrieg (1596) stammt der Brauch, dass auch heute noch der gewählte Bürgermeister von Freistadt zugleich Korpschef ist. Durch die unnachgiebige Haltung und geschützt durch die guten Verteidigungsanlage der Stadt konnte ein Konfrontation mit den aufständischen Bauern vermieden werden.
Während des Ersten Weltkrieges wurden Mitglieder der Garde, die keinen Frontdienst zu leisten hatten, zum Bewachen von Brücken, Eisenbahnanlagen, Wasserreservoirs und den Kriegsgefangenenlager Freistadt eingeteilt. 1918 wurde das Korps vorübergehend aufgelöst, 1922 bereits wieder neuformiert. Bei den Brennpunkten der Zwischenkriegszeit (Justizpalastbrand 1927 und Bürgerkrieg 1934) bewachte das Bürgerkorps den Pulverturm und das Wasserreservoir. Die Nationalsozialisten lösten das Bürgerkorps wiederum auf und die Waffen wurden nach Kriegsende von den Siegermächten konfisziert und vernichtet.
Über das Lienzer Schützenkorps wurden den Freistädtern wieder Gewehre zur Verfügung gestellt und zwischen 1960 und 1961, wurde das Bürgerkorps wieder errichtet. 1972 wurde das 850-jährige Bestandsjubiläum gefeiert.
Heute dient das Bürgerkorps nicht mehr der Verteidigung, sondern ist ein kultureller Verein in Freistadt, der die Kulturgeschichte der Stadt mitträgt. Wie andere Korps umfasst das Jahresprogramm fixe Veranstaltungen, wie Ausrückungen zu Fronleichnam, Kriegerehrung am Allerheiligentag, Begräbnisse etc. Zusätzlich wird in der alten Festungsstadt nach wie vor als Pflege alten Brauchtums die Oster- oder Grabwache am Karfreitag und Karsamstag vor dem Rathaus und der Stadtpfarrkirche (Katharinenmünster) veranstaltet. Diese Tradition der Osterwache ist seit dem Mittelalter bekannt, denn die katholische Bevölkerung musste ihre Umzüge und Bräuche mit Waffengewalt vor heidnischen und protestantischen Übergriffen schützen.
Detaillierte Geschichte in zeitlichen Epochen
Erfahren Sie in einzelnen, zeitlichen Teilabschnitten alles zur uneinnehmbaren Stadt, zur Fahne der Bürgerwehr, den den ältesten Statuten des Corps, zum Empfang hoher Persönlichkeiten (zB Maria Theresia), zu den Bräuchen aus alten Zeiten sowie zur Garde damals und heute.
Beim angenommenen Gründungsjahr geht man davon aus, dass Freistadt städtischen Rechte ab 1132 besaß, deren Unterlagen aber verloren gegangen sind. 1241 wurde die Stadt als „circa Frienstat“ jedenfalls erstmals urkundlich erwähnt und erhielt durch Rudolf von Habsburg 1277 das Stapel- und Niederlagsrecht, wodurch sich allein schon die Notwendigkeit einer bewaffneten Schutztruppe für das Eigentum der Kaufleute ergab.
König Rudolf bestätigte allerdings auch die Privilegien, die die Freistädter schon unter den beiden letzten Babenbergerherzögen Leopold VI. dem Glorreichen (1198-1230) und Friedrich dem Streitbaren (1230-1246) erhalten hatten, wobei – nach neueren Erkenntnissen – nicht auszuschließen ist, dass bereits Leopold IV. († 1141) diese Rechte gewährte, womit wir in etwa wieder beim Jahr 1132 angelangt wären. Unter König Ottokar von Böhmen – Rudolfs Vorgänger – wird Freistadt „libera civitas“ genannt und Rudolf von Habsburg selbst nennt die Freistädter „dilecti cives“ („geliebte Bürger“).
Um das Jahr 1350 ist ein Einfall der Böhmen bekannt, die über Freistadt bis Ottensheim vorgedrungen waren. Im Weichbild von Freistadt wurde ihnen jedoch erfolgreich begegnet, bis sie schließlich bis in die Gegend von Budweis zurückgedrängt wurden. Bei dieser Gelegenheit kam mit ziemlicher Sicherheit die Freistädter Bürgerwehr zum Einsatz.
1407 mahnte der Habsburgerherzog Leopold IV. die Freistädter, deren Stadt sieben Jahre zuvor erneut befestigt wurde, zur Wachsamkeit gegenüber den Einfällen aus Böhmen mit der Aufforderung, sich im Ernstfall selbst zu verteidigen. 1422 bewilligte Herzog Albrecht V. (Kaiser Albrecht II.) 200 Pfund Pfennig zur weiteren Verstärkung der Festungsmauern und kurze Zeit danach folgte der Hussitensturm. Die Chronik berichtet von der Niederbrennung des Spitals und der Frauenkirche vor dem Böhmertor, von einer Einnahme der Stadt ist, wie auch bei den folgenden Einfällen aus Böhmen, nichts bekannt.
Uneinnehmbare Stadt
Die Freistädter Bürger und die verstärkte Befestigung hatten sich also bewährt. Aus dem Jahr 1452 ist die Zahl der Wachposten bekannt: 28 bei Tag und bei Nacht. 1461 begehrte Herzog Albrecht VI. aus Freistadt zehn Fußknechte mit Tartschen, Eisenhüten, Armbrüsten, Büchsen und Zehrung nach Enns. Nach dem Tod Albrechts brachen die fast zwanzig Jahre dauernden böhmischen Grenzkriege aus, die Freistadt sehr in Mitleidenschaft zogen, denn 1468 schienen die wehrfähigen Bürger der Stadt allein nicht mehr zur Verteidigung ausgereicht zu haben und der Landtag beschloss daher, für einen Monat auch Bewohner anderer Ortschaften nach Freistadt zu versetzen.
Von den Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Friedrich III. und dem ungarischen König Mathias Corvinus wurde auch Freistadt betroffen, denn der Kaiser verlangte 1482 im Kampf gegen Mathias „Zwanzig Gereisige zu Ross“ von der Stadt, die sie „aufs mächtigste gerüstet“ nach Wien schicken solle. Vier Jahre später verhinderte ein Landesaufgebot die Aufwerfung von Schanzen bei Freistadt durch die ungarische Besatzung.
Einer für Freistadt relativ langen friedlichen Epoche folgten 1596 die Bauernkriege. In diesem Jahr standen zwischen 15.000 und 20.000 aufständische Bauern vor der Stadt und verlangten, dass die Bürgerschaft sich ihnen „verglübe“, d. h. ein Bündnis und Gelöbnis schließe.
Der Bürgermeister Wolfgang Landshutter berief daraufhin in der Nacht den Rat zusammen, der beschloss, die Stadt bis auf den letzten Mann zu verteidigen. Der Stadtrichter Urban Lampel und der Ratsbürger (Stadtrat) Stefan Ster wurden zu Stadthauptleuten gewählt und der Bürgermeister selbst stellte sich als Oberster Hauptmann an die Spitze der Bürgerwehr. Aus dieser Zeit stammt vermutlich auch der Brauch, dass auch heute noch der gewählte Bürgermeister von Freistadt zugleich Korpschef ist.
Die Bauern wiederholten nun ihre Forderungen, verbunden mit der Drohung, alles in Brand zu stecken. Abgesandte von Freistadt erklärten, dass die Stadt des Kaisers Kammergut sei, sie also ein Majestätsverbrechen begingen, wenn sie irgendwem Gewalt antäten. Dieser Einwand schien sichtlich gewirkt zu haben, denn nun baten die Aufständischen lediglich um Brot und Bier auf zwei Tage gegen bare Bezahlung sowie den Durchzug ihrer Scharen. Letzteres wurde, ebenso wie der Einlass von 400 Mann, abgelehnt, doch konnten einige von ihnen — unbewaffnet — die Stadt passieren. Die Bürger von Freistadt haben mit dieser Standhaftigkeit viel Mut bewiesen, denn die wehrfähige Bevölkerung betrug damals nicht viel mehr als hundert Mann.
Das nächste Mal musste die Bürgerwehr 1610 zu den Waffen, als Kaiser Rudolf II. das „Passauer Kriegsvolk“ gegen seinen Bruder Matthias aufbot, der Rudolf nötigte, ihm Osterreich, Ungarn, Böhmen, Mähren, Schlesien und die Lausitz abzutreten. 1.500 Landsknechte, die in Matthias‘ Diensten standen, näherten sich der Stadt, um sie zu einem festen Stützpunkt gegen den Kaiser zu machen, doch gelang es nicht, Freistadt einzunehmen.
Im dritten Bauernkrieg 1626 erhielt Freistadt eine fremde, und zwar bayerische Besatzung. Das hing damit zusammen, dass Maximilian I. von Bayern Ferdinand II. gegen die aufständischen protestantischen Böhmen zu Hilfe eilte und diese auch zusammen mit den kaiserlichen Truppen in der Schlacht am Weißen Berg besiegte. Das Land ob der Enns nahm er als Gegenleistung in Pfand und die Notwendigkeit einer Besatzung Freistadts durch das katholische Bayern ergab sich dadurch, dass die Mehrzahl seiner Bürger evangelisch waren und man eine Konspiration mit den aufständischen Bauern befürchtete. Im Gegensatz zu der früher ortseigenen konnte die bayerische Besatzung die Stadt gegen die protestantischen Bauern nicht halten. Sie verlangten nun von den Freistädtern 200 Mann, die auf ihrer Seite mitkämpfen sollten. Schließlich gaben sie sich aber mit 46 Männern zufrieden. Dieser (erzwungene) Einsatz war zugleich auch der letzte kriegerische Auszug der Freistädter Bürgerwehr.
Aber auch schon in diesen unsicheren Zeiten hatte die Bürgerwehr von Freistadt repräsentative Aufgaben zu erfüllen. Am 30. Juni 1578 paradierten aus den sieben landesfürstlichen Städten — Enns, Freistadt, Gmunden, Linz, Steyr, Vöcklabruck und Wels – 900 Mann Fußvolk zum Empfang Kaiser Rudolfs II. in Enns. Am 16. Mai 1609 huldigten — ebenfalls in Enns und einen Tag später in Linz – 1.100 Reiter und 4.000 Mann Fußvolk Matthias, zum damaligen Zeitpunkt bereits König von Ungarn und im Besitz des Landes Oberösterreich und nach dem Tod seines Bruders Rudolf römisch-deutscher Kaiser.
Das Aufgebot von Freistadt umfasste 80 Musketiere, 20 lange Spieße und 10 kurze Wehren. Schließlich fand am 16. September 1658 in Linz die Erbhuldigung Leopolds I. statt, als er sich auf dem Rückweg von der Krönung zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches in Frankfurt befand. Die Erbhuldigung, ein fester Bestandteil habsburgischen Zeremoniells, war im Prinzip der äußere Rahmen für den Abschluss eines Vertrages, in dem der Landesfürst alte Rechte bestätigte oder neue gewährte und dafür von den Untertanen das Treuegelöbnis erhielt. Freistadt stellte zu diesem Anlass zwar nur eine Abordnung, doch wurde ihr eine besondere Ehre zuteil, da die Freistädter Bürger, sofern sie sich „hipsch aussrüssten“ und „ein wenig herauss Puzen“, in die „Leib Compagnia“ eingegliedert werden sollten, was auch geschah.
Fahne für die Freistädter Bürgerwehr
Im Frieden wurden aus der Bürgerwehr die Bürgerschützen, die sich in ihrer freien Zeit im Gebrauch der Feuerwaffe übten, wie das auch von anderen Vorläufern der Ortsgarden bekannt ist. Im Dreißigjährigen Krieg wurden diese Bürgerschützen in die Landwehr eingegliedert und bildeten, dank ihrer Kenntnisse im Umgang mit Waffen, gewissermaßen den „harten Kern“. Freistadt war, infolge seines Festungsgürtels, der übrigens bis heute zum Großteil erhalten geblieben ist, ein Sonderfall und so hat sich aufgrund eines Patentes der Stände von 1704 die Bürgerwehr als kleine „Stadtarmee“ reorganisiert, und zwar als eine direkt im Dienst des Kaisers stehende. So ist es vermutlich auch zu erklären, dass Kaiser Karl VI. 1732 der Freistädter Bürgerwehr eine Fahne verlieh. Ein urkundlicher Beleg dafür ist nicht vorhanden, doch dürfte der Besuch des Monarchen in der Stadt mit der Fahnen-Übergabe in engem Zusammenhang stehen. Karl VI. weilte damals zur Kur in Karlsbad und wollte auf der Fahrt von Prag nach Linz in Freistadt Station machen. Möglicherweise, so ist dem Ratsprotokoll zu entnehmen, entsprach das aber nicht den Tatsachen, was die Stadtväter mit einiger Erleichterung konstatierten, da so die Ausbesserung der Straßen und sonstiger Aufwand unterbleiben konnte. Der Kaiser ließ sich aber von einem Freistädter Aufenthalt nicht abbringen und so rüstete alles zum hohen Besuch. Die Bürgerschaft wurde vom Magistrat aufgefordert, „Müst und Schudthäuffen“ zu beseitigen und der Landeshauptmann, Graf Thürheim von Weinberg, befahl, dass die Bürger „unter ihren fahn, auch rührentem Tromblschlag“ die Parade zu machen haben und die Stadtschlüssel auf einem „zührlichen Polster zu ybergeben“ wären. So geschah es auch und der Stadtrichter hielt eine echt barocke Ansprache, gespickt mit lateinischen Zitaten und Allegorien, worin auch, wenig taktvoll, „eine hechst söhnlich wünschente männliche Vermehrung“ zur Sprache gebracht wurde, was ja bekanntermaßen nicht eintraf.
Die Wiedererrichtung einer eigenen bürgerlichen Besatzung für Freistadt ist auch in Verbindung mit der Aufstellung einer dauernden Landmiliz zu sehen, die, wie schon erwähnt, 1734 von Karl VI. in einem Schreiben an die Stände angeordnet wurde. Das in diesem kaiserlichen Befehl enthaltene Preisschießen, von dem bereits im Kapitel Aigen die Rede war, hat übrigens bis 1866 in Freistadt als Institution überlebt. Bis zu diesem Jahr zahlte die Stadtgemeinde an die Gewinner des Bürgerkorps-Preisschießens Prämien in barer Münze aus. Auch ein Beweis dafür, dass das Bürgerkorps in gerader Nachfolge der im Rahmen der Landmiliz aufgestellten Scharfschützenkompanie steht.
Bürgerwehr empfing Maria Theresia
Nach ihrer Krönung in Prag traf Maria Theresia im Zuge der Erbhuldigung in Linz am 18. Juni 1743 in Freistadt ein. Wie schon beim Besuch ihres Vaters paradierte auch diesmal die Bürgerschaft, wobei insgesamt 152 Böller- und acht Kanonenschüsse abgefeuert wurden und die beträchtliche Menge von 69 Pfund Pulver verbraucht wurde. Aus den Aufzeichnungen des Stadtschreibers geht hervor, dass neben 65 Mann eines kaiserlichen Infanterieregimentes und der Bürgerwehr auch zehn Musikanten zum Empfang ausgerückt waren, also ein erster Hinweis auf einen Vorläufer der Korpskapelle.
Nach der Auflösung unter Josef II. wurde die Freistädter Formation von den Franzosen 1805 wieder ins Leben gerufen, was durch Prozessakte aus dem Jahr 1830 bewiesen wird. Damals klagte der „Gastgeb“ Johann Rükkart die Gemeinde beim Mühlkreisamt wegen 1733 Gulden und 50 Kreuzer, die er für Uniformierung und Armierung des Freistädter Bürgerkorps 1805 vorschußweise ausgelegt habe. Vermutlich nicht ganz freiwillig, denn als die Franzosen einrückten, befahl der napoleonische General, „dass das bestehende (gemeint ist das dem Namen nach existierende, Anm.), aber nicht uniformierte und organisierte Bürgercorps eine ordentliche und gleichmäßig bewaffnete und organisierte Sicherheitswache und Gensdarmerie bilde“. Ein Teil der Bürgerschaft unterstützte die Franzosen und so kam es zur Ausrüstung der Ortswehr, wobei Rückart zugesagt wurde, dass er sein Geld rückerstattet bekommen werde, was ihm 25 Jahre später allerdings nichts mehr nützte, er wurde von der Gemeinde abgewiesen.
Dieses, nun erstmals einheitlich uniformierte Korps, das in dieser Form bis 1816 bestand, da ihm bis dahin die Ärarialmagazine anvertraut waren, umfasste über 61 Mann, wie aus Uniform- und Waffenrechnungen der damaligen Zeit zu ersehen ist. Darin sind neben 60 Säbeln auch Musikinstrumente angeführt, ein neuerlicher Hinweis auf eine gardeeigene „Banda“.
Im Spruch des Mühlkreisamtes vom 29. Dezember 1831, der, wie erwähnt, zuungunsten des Johann Rükkart ausfiel, heißt es, dass weder die Gemeinde noch die Bürgergarde für die Verluste dieses Freistädter Bürgers aufzukommen hätten, was bedeutet, dass das Korps auch um 1830 nach wie vor existierte. Ob die Formation in diesem Zeitraum aktiv war, ist eher fraglich, denn in den „Grundsätzen der Verfassung des Dienstes und des übrigen Verhaltens des Freystädter Bürger-Jäger-Corps“, in gedruckter Form 1846 veröffentlicht, heißt es:
„Durch eine Reihe der letztverflossenen Jahre hat dieses Bürger-Corps faktisch ganz aufgehört, und bestand nur noch dem Namen nach, weil demselben eine ordentliche statutenmäßige Verfassung als der Grund des Bestehens aller gesellschaftlichen Vereine mangelte. Darauf bedacht, die wenigen noch bestehenden Rechte der Stadt zu bewahren, hat der Magistrat beschlossen, bei Gelegenheit der von den hohen Staatsbehörden herabgelangten Aufforderung den Stand des Bürger-Corps anzuzeigen, dieses Corps, jedoch unter den nöthigen Modifikationen und unter Feststellung eigener Statuten, nach welchen sich jedes Corps-Mitglied genau zu benehmen hat, und mit Bezug auf den von jedem Bürger abzulegenden Eid, neuerdings ins Leben treten zu lassen.“
Der Verfasser bezog sich im letzten Teil des Zitates auf die 1840 erlassene Aufforderung des k. k. Kreisamtes in Linz, den Standesausweis zu überreichen, was einer behördlichen Regelung der Garden gleichkam. Daraufhin wurden die „Grundsätze“ 1841 erarbeitet, aber erst 1846 publiziert.
Älteste bestehende Statuten eines Corps
Der Entwurf stammt übrigens von Lieutenant Karl Scharizer, einem alten Freistädter Namen, der mit dem Bürgerkorps auf das engste verbunden ist. Aus diesen Statuten – den ältesten gedruckten eines bestehenden Korps – lässt sich einiges über die seinerzeitige Organisation herauslesen, etwa „dass die Leitung des Bürger-Corps dem Magistrate als politische Obrigkeit obliege, und dass ein jeweiliger Bürgermeister immer unter dem Titel eines Majors, Corps-Chef sei, die übrigen Offiziere aber von dem Corps selbst gewählt werden“. Also erstmals eine amtliche Bestätigung einer alten Überlieferung.
Dem Punkt VI, „Eintritt in das Corps“, ist außerdem zu entnehmen: „Zur Musikbande kann aus dem Corps jeder Musikkundige übertreten.“ Was bedeutet, dass damals eine Korpskapelle bereits als ständige Einrichtung und fixer Bestandteil der Formation existierte.
Zum Eintritt war bei „wirklichen Bürgern“ der Vorweis des Bürgerbriefes notwendig, für „Nichtbürger“ die Eintrittsbewilligung des Korpschefs. Da dieser Eintritt ein freiwilliger war, konnte „das den Austritt suchende Individuum“ auch wieder das Bürgerkorps verlassen.
An Einschreibegebühr mussten 20 Kreuzer bezahlt werden und obendrein – ab einem „Realwerth“ bis 1.000 Gulden – ein Gulden Aufnahmegebühr, darüber zwei Gulden, die so genannten „Nichtbürger“ hatten jeweils den doppelten Betrag zu entrichten. Der jährliche Mitgliedsbeitrag war mit einem Gulden und zwölf Kreuzern festgesetzt, die in monatlichen Raten zu erlegen waren. Bei Beförderungen kam der Betreffende auch nicht ganz ohne ein finanzielles Opfer davon. Je nach Höhe des Dienstgrades waren zwischen einem und vier Gulden zu bezahlen.
Im „Exercitium“ orientierte sich die Freistädter Bürgergarde an den Vorschriften für die Jägerkorps der k. k. Armee und neben den üblichen Repräsentationspflichten ist in den Statuten auch ausdrücklich davon die Rede, „an der Erhaltung der inneren Ruhe, Ordnung und Sicherheit mitzuwirken“. In Punkt XII sind die Strafen festgelegt. U. a. sah man für die „gemeine Mannschaft“ bei minderen Vergehen einen Arrest in der so genannten Bürgerstube auf dem Neubau vor, und zwar zwischen zwei und vier Stunden, der bei gröberen Verstößen auf zwölf Stunden „bei mäßiger Kost“ ausgedehnt werden konnte.
Auch auf das Äußerliche legte man allergrößten Wert, denn im selben Punkt heißt es: „Noch wird der Mann in Strafe gezogen, wenn an seinem Gewehr und Bajonett Rostflecken, und an seiner Armatur und Uniform Schmutzflecken getroffen werden.“
Die finanzielle Grundlage für die Restauration des Korps – 300 Gulden – wurde durch den Mehrbetrag des Eisengewinns aus dem Jahr 1840 gelegt. Korpschef war damals Bürgermeister Josef Thury, Hauptmann Alois Pemberger, Kapellmeister Johann Ployer. Außerdem gab es einen Korpskaplan namens David Scharizer – der erste und einzige der Freistädter Garde – und einen Korpsarzt in der Person des Wundarztes Friedrich Reiter. Letztere Institution wurde bis 1876 beibehalten. Die Mannstärke betrug 1841 97 Mann, 1857 sogar 115.
Empfang hoher Persönlichkeiten
Bis zum Jahr 1850 ist eine Reihe von Besuchen hoher Persönlichkeiten in Freistadt bekannt, zu denen die Bürgergarde jedes Mal ausrückte. Etwa am 10. März 1844, als Erzherzog Johann auf seiner Reise durch das Mühlviertel in der landesfürstlichen Stadt Station machte. Am 24. März 1846 nahm die russische Zarin in Begleitung Erzherzog Albrechts in Freistadt Nachtquartier und wurde ebenso vom Bürgerkorps empfangen wie ein Jahr später die Erzherzöge Ferdinand, Karl und Franz Joseph – der spätere Kaiser. Ab 1850 wurden diese prominenten Besuche seltener, was mit der Errichtung der Eisenbahnlinie von Linz nach Budweis zusammenhing, wodurch ein Aufenthalt in Freistadt nicht mehr erforderlich war. Nur von einer kurzen Mittagsrast Kaiser Ferdinands und seiner Gemahlin wird noch berichtet.
1848 vereinigte sich das historische Bürgerkorps mit der neu aufgestellten Nationalgarde und bildete die erste Kompanie dieser im Zuge der Revolution aufgestellten Formation. Trotz dieser Verschmelzung bewahrte sich die erste Kompanie als Bürgerkorps eine gewisse Eigenständigkeit und fiel daher nicht unter den Erlass der k. k. Statthalterei vom 3. Oktober 1851 über die Auflösung der Nationalgarden. Gleichzeitig konnten sich die traditionellen Formationen, sofern sie nicht gänzlich in den Nationalgarden aufgegangen waren, aufgrund des kaiserlichen Patentes aus demselben Jahr reorganisieren.
Hauptmann Pemberger, im bürgerlichen Beruf Kaufmann, kein Freund der Nationalgarde, trat 1848 zurück und ihm folgte der Gastwirt Franz Jäger. Unter seiner Hauptmannschaft wurde 1860 beantragt, die Statuten der politischen Realität anzupassen, d. h. das Protektorat des Freistädter Bürgermeisters zu beseitigen, da der Magistrat bezüglich der Garde seine Befugnisse an die Bezirkshauptmannschaft abgetreten habe. Diesem Ansuchen wurde jedoch nicht stattgegeben.
1867 scheint es eine Krise im Korps gegeben zu haben, denn in einer Garde-Vollversammlung im Gemeinderatssitzungssaal wurde die Frage gestellt, ob das Korps weiterbestehen solle oder nicht. Der Fortbestand wurde jedoch einstimmig beschlossen, gleichzeitig fand die Schlußfassung der neuen Statuten statt, die am 10. Mai 1870 von Kaiser Franz Joseph genehmigt wurden. 1873 wurde das 25jährige Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josephs mit einer Tagreveille, sechs Böllerschüssen, einem Gottesdienst mit Te Deum und einer Defilierung feierlich begangen.
Zwei größere Ausrückungen in anderen Kronländern – unter den Hauptleuten Josef Thury, einem Kaufmann (1868-1887) und dem Apotheker Josef Schifferer (1887-1897) – sind ebenfalls bekannt: eine Einladung nach Prag zum 500jährigen Bestandsfest des dortigen Korps und eine Reise der Freistädter Garde in voller Mannstärke samt Musik zur 300-Jahr-Feier des Budweiser Bürgerkorps im Jahr 1878.
Zwei Stippvisiten des allerhöchsten Kriegsherrn standen Ende der neunziger Jahre ebenfalls auf dem Programm der Freistädter. Am l. September 1895 inspizierte der Kaiser auf der Fahrt zu den Manövern nach Böhmen das Korps auf dem Bahnhof von Freistadt, was sich – aus gleichem Anlass – vier Jahre später wiederholte, wobei „Seine Majestät allerhöchst seine belobende Anerkennung auszusprechen geruhte“, wie es in einer Geschichte des Bürgerkorps Freistadt aus dem Jahr 1901 heißt. Auf jeden Fall müssen die Freistädter Gardisten dem Kaiser in guter Erinnerung geblieben sein, denn ein Jahr später – im September 1900 – stiftete Franz Joseph dem Bürgerkorps ein Fahnenband. Ab dem Jahr 1897 hatte der Realitätenbesitzer Theodor Scharizer das Kommando inne.
Unter Hauptmann Scharizer hatte das Korps im Jahre 1900 eine Gesamtstärke von 96 Mann. Ein Jahr später wurde das Fest des 600jährigen Bestandes gefeiert, damals ist man mit historischen Daten offenbar noch etwas vorsichtiger umgegangen. 1908 wurde, wie auch von allen anderen Garden, das 60jährige Regierungsjubiläum des Kaisers in gewohnter Feierlichkeit begangen.
1909 wurden neue Statuten erarbeitet, wobei nun verankert war, dass die Bürgergarde nach dem Landsturmgesetz vom 6. Juni 1886, R.G.B. (Reichsgesetzblatt) Nr. 90, einen Teil der k. u. k. bewaffneten Macht darstellt, was auch in der verbindlichen Annahme des Dienstreglements für das k. u. k. Heer zum Ausdruck kam. Diese Maßnahme wurde notwendig, da seit 1907 alle Bürger-und Schützenkorps in diesen Gesetzesartikel einbezogen wurden.
Die Freistädter Garde und ihr Hauptmann hatten sich auch auf gesamtösterreichischer Ebene bemerkbar gemacht. Wie dem Protokoll der am 16. Februar 1908 in Brunn abgehaltenen Delegiertentagung der österreichischen Bürger- und Schützenkorps zu entnehmen ist, war Hauptmann Scharizer bei diesem Treffen vertreten, und beim Verbandstag dieser Dachorganisation am 8. September 1913, ebenfalls in Brunn, wurde die Freistädter Garde zusammen mit denjenigen von Steyr und Wels zum geschäftsführenden Korps für das Kronland Oberösterreich bestimmt.
Während des 1. Weltkrieges wurden Mitglieder der Garde, die nicht an der Front standen, in ihrer Eigenschaft als Angehörige des Landsturms zum Bewachen von Brücken, Eisenbahnanlagen, Wasserreservoirs und Kriegsgefangenenlagern eingeteilt. Im Falle des Ausbruchs eines Kriegsgefangenen wurden die Korpsmitglieder durch das Läuten der Kirchenglocken alarmiert.
1918 wurde das Korps vorübergehend aufgelöst, aber gemessen an der Stillhaltezeit anderer Garden – relativ rasch neuformiert, nämlich 1922. Im Jahr darauf folgte schon das Wiedererrichtungsfest und im selben Jahr 1923 teilte sich die bisher als einheitlicher Klangkörper aufgetretene Korpsmusikkapelle (zugleich städtische Kapelle) in Korpsmusik und Stadtmusik.
1927 – nach dem Brand des Justizpalastes – wurde das Korps, als ob das republikanische Verbotsgesetz von 1920 nicht existieren würde, von der Bezirkshauptmannschaft zur Bewachung des Wasserreservoirs und des Pulverturms in Freistadt eingesetzt. Gleiches geschah während der Februarunruhen und des Juliputsches 1934.
Weltanschauliche Gegensätze ausgeklammert
In dieser politisch unruhigen Zeit bewies das jahrhundertealte Korps, dass es wirklich die Garde aller Freistädter ist, denn weltanschauliche Gegensätze waren innerhalb der Korpsgemeinschaft gänzlich ausgeklammert. Das bestätigte im Jahr 1987 der damals 90jährige Ing. Robert Soukup, im Jahre 1934 zum Gardeleutnant befördert und 1961 – nach der Wiedererrichtung – der erste Kommandant des Freistädter Korps. Ein besonderes Nahverhältnis zu einem der großen Wehrverbände Heimwehr oder Schutzbund, geschweige denn zu den Nationalsozialisten, bestand nicht. Vielmehr war es so, dass sowohl Angehörige des einen wie des anderen politischen Verbandes auch Mitglieder der Garde waren, sie aber viel lieber mit ihrem Bürgerkorps ausrückten. Es war eben eine Ehrenformation und das Ethos der Garde stand über allem anderen. Es ist auch bekannt, dass unter den Gardisten, die nach dem Naziputsch zum Wachdienst eingeteilt waren, sich auch Sympathisanten der Nationalsozialisten befanden, die aber selbstverständlich anstandslos ihren Dienst versahen.
Am 16. und 17. Juli 1932 fand das 800jährige Bestandsjubiläum verbunden mit der 200. Wiederkehr der Fahnenübergabe durch Karl VI. statt. Ältere Urkunden, die dies rechtfertigten, waren mittlerweile aufgefunden worden. Außerdem wurde zu diesem Anlass eine Delegiertentagung des Reichsverbandes der österreichischen Bürger- und. Schützenkorps abgehalten, denn auch nach dem 1. Weltkrieg spielte Freistadt in dieser überregionalen Organisation eine bedeutende Rolle und stellte auch mit dem Korpschef, Bürgermeister Anton Zemann, den letzten Verbandspräsidenten vor dem Einmarsch der Deutschen 1938.
Anlässlich der 800-Jahr-Feier wurde der Kommandant, Altbürgermeister Major Theodor Scharizer, für seine 50-jährige Zugehörigkeit zum Korps mit dem Silbernen Verdienstzeichen der Republik Österreich ausgezeichnet. Scharizer sollte auch der letzte Kommandant bis zur Auflösung durch die Nationalsozialisten – 1938 – sein. Am Fest selbst nahmen 34 Formationen – Bürgergarden, Veteranenvereine, Schützenkorps und Traditionsverbände, darunter das Bürgerkorps Krumau aus der benachbarten Tschechoslowakei, teil – zusammen rund 1.400 Mann. In seiner Begrüßungsansprache ging Major Scharizer kurz auf die jüngere Geschichte des Korps ein und erwähnte beispielsweise, dass die Garde zu Kriegsende 1918 nur über 30 kranke und über 60 Jahre alte Mitglieder verfügte, gegenüber einer Mannstärke von 109 zu Kriegsbeginn. Im Jahr des Jubiläumsfestes zählte die Freistädter Garde stolze 129 Aktive.
1938 war es mit der Existenz des über acht Jahrhunderte bestehenden Korps schlagartig vorbei. Major Scharizer rief seine Gardisten zu einem Korpsabend zusammen – dem letzten für über zwanzig Jahre – und teilte ihnen mit, dass die behördliche Auflösung verfügt wurde. Die Gewehre mussten im Heimathaus abgegeben werden, die Uniformen konnte man vorerst behalten, sie wurden aber in den letzten Kriegsjahren von den nationalsozialistischen Behörden großteils beschlagnahmt. Die Waffen wurden 1945 von den Besatzungsmächten ebenfalls konfisziert und vernichtet.
Wiedererrichtung 1961
1960 kam ein Kontakt mit dem Lienzer Schützenkorps zustande, das dem neuaufzustellenden Freistädter Korps 70 Werndlgewehre zur Verfügung stellte. Die Grundausrüstung war also gewährleistet, man ließ Uniformen anfertigen und am 24. April 1960 wurde durch Ing. Soukup eine Versammlung zur Neuformierung des Korps einberufen. Einen Monat später waren die Statuten fertig und wurden 1961 von der Linzer Sicherheitsdirektion genehmigt.
Im gleichen Jahr fand die Gründungsversammlung im Gasthof Jäger statt und zu Fronleichnam rückte die Garde erstmals wieder in voller Parade unter ihrem Hauptmann Soukup aus. Soukup, der schon 1907 – als Zehnjähriger – die Freistädter Garde bewundert hatte und sich damals dachte, „wenn ich einmal groß bin, werd‘ ich mich auch für das interessieren“, war für diese Aufgabe natürlich erste Wahl. Mit 65 Jahren – 1962 – ging er in Pension und konnte sich so voll und ganz der Garde widmen. Erst 1977, mit 80 (!) Jahren, legte der ehemalige k. u. k. Unteroffizier diese Funktion zurück, nachdem er auch Vorsitzender des Landesverbandes der oberösterreichischen Bürgergarden im Rang eines Obersten war.
Ihm folgte in beiden Funktionen der Freistädter Vizebürgermeister, Spediteur und Autobusuntemehmer, Kommerzialrat Franz Schick nach, der zuletzt Stellvertreter Soukups war. Schick, mit Leib und Seele Bürgerkorpsoffizier und großer Förderer der oberösterreichischen Garden, behielt dieses Amt bis zum 30. März 1985, widmete sich seither ganz der Arbeit im Landesverband und der Sparkassendirektor Norbert Pirklbauer kommandierte von da an im Rang eines Majors das Freistädter Korps. Pirklbauer verstarb aber völlig unerwartet am 20. Juli desselben Jahres, so dass Oberst Schick erneut die Kommandantenstelle übernehmen musste.
Garde im Zentrum des Geschehens
Seit der Wiedererrichtung hat — in alter Tradition — in Freistadt wieder eine Reihe spektakulärer Feste stattgefunden. 1962 feierte man das Gründungsfest, zugleich mit dem 830-Jahr-Jubiläum. Mit welchem Elan die Freistädter ihre neuaufgestellte Garde ins Zentrum des Geschehens rückten, ist im Festbericht nachzulesen. Insgesamt wurden 22 Besprechungen abgehalten, weiters wurden 300 Voranmeldungen und 400 Einladungen verschickt, 250 Werbestreifen, 500 Plakate und ebenso viele Rundschreiben verteilt, sowie 1.000 Festpostkarten aufgelegt. Durch Vermittlung Hauptmann Roithers, des Kommandanten der Garnison Freistadt, konnten in der Kaserne 260 Mitglieder auswärtiger Vereine untergebracht werden, 185 Mann fanden in der alten Berufsschule Platz. Fehlende Decken und Matratzen wurden durch Baron Zimmermann, dem Besitzer von Schloss Weinberg, zur Verfügung gestellt. Die Organisation der Verpflegung übernahm der damalige Leutnant Schick. Insgesamt wurde die Veranstaltung von 26 Vereinen und Formationen — Bürger- und Schützenkorps aus ganz Oberösterreich, aus Niederösterreich, Salzburg, der Steiermark, Kärnten und Tirol, der Garnison Freistadt und Abordnungen örtlicher Kameradschaftsbünde – besucht, zusammen über tausend Personen.
Diesem Jubelfest folgte 1966 die Weihe der neuen Fahne und im gleichen Jahr nahm das Freistädter Korps an einem Treffen belgischer und französischer Garden in Charleroi in Belgien teil. 1972 feierte man 840 Jahre Garde, zehn Jahre später das „halbrunde“ 850jährige Jubiläum und zuletzt – im Mai 1986 – den 25. Jahrestag der Wiedererrichtung.
Die Garde heute
Die Freistädter Garde weist heute eine Mannstärke von ca. 50 Aktiven auf, dazu kommen rund 150 (nicht uniformierte) unterstützende Mitglieder. Die Korpsmusiker bilden zugleich auch die Kapelle des Kameradschaftsbundes.
Franz Bürgermeister komponierte für die Korpskapelle übrigens den Marsch „Der Gardeoberst“, der Kommerzialrat Schick gewidmet wurde. Das Durchschnittsalter der uniformierten und bewaffneten Korpsmitglieder beträgt 55,8 Jahre (Stand 2017) und aus diesen Zahlen lässt sich auch die Problematik herauslesen, mit der Traditionsverbände in etwas größeren Städten heute zu kämpfen haben. Es kommt nicht von ungefähr, dass sich uralten Garden, wie etwa von Wels, nach dem Krieg nicht wieder konstituiert haben und etwa das Bürgerkorps von Steyr und Vöcklabruck mit Nachwuchssorgen zu kämpfen hat. Garden in ländlichen Gemeinden, wie etwa Regau oder Windhaag, sind demgegenüber – gemessen an der Einwohnerzahl – relativ stark. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist in kleineren Orten eben noch ausgeprägter und die Abwechslungsmöglichkeiten sind geringer als in Städten, wo das breit gestreute Freizeitangebot eine massive Konkurrenz für derartige Vereine darstellt.
Die berufliche Zusammensetzung der Bürgergarde Freistadt entspricht ziemlich genau der einer Kleinstadt, wobei anzumerken ist, dass die Freistädter Formation stets Bürgergarde im ursprünglichen Sinn des Wortes war, also von Handwerkern und Kaufleuten getragen wurde.
Auch heute (Stand 2017) ist das Bild bunt gemischt: Von Arbeitern und Angestellten über Pensionisten (ehemals Angestellte und Selbständige), Beamte, Landwirte, Kaufleute und Tischler bis hin zu einem Gastwirt finden sich in der Freistädter Garde zahlreiche Berufsgruppen zusammen.
Das Offizierskorps besteht aus je einem Oberst, Major (den Bürgermeister und Korpschef nicht eingerechnet), Hauptmann und Leutnant.
Finanziert wird das Korps durch seine Mitglieder und seit 1967 steht den Gardisten der „Schmidingerturm“ (auch Heimatbundturm genannt) – eine Schenkung des Heimatbundes Alt-Freistadt – als Waffenkammer, Museum und Versammlungsort zur Verfügung. Damit besitzt das Korps, neben Mattighofen, wohl das stilvollste und historisch interessanteste Gardeheim.
Bräuche aus alten Zeiten
Zwei Bräuche aus alter Zeit haben sich beim Freistädter Korps bis heute erhalten: Zum einen das Protektorat des Bürgermeisters, dem der Ehrenvorrang und der Ehrenvorsitz in allen Versammlungen gebührt, und die Übergabe der „Enrollierungskarte“ (oder „Einraillierungskarte“), mit der bestätigt wird, dass das betreffende Mitglied dem Korps „einverleibt“ worden ist.
Das Jahresprogramm der Bürgergarde Freistadt ist im Prinzip das gleiche wie bei anderen Korps (Ausrückungen zu Fronleichnam, Kriegerehrung am Allerheiligentag, Begräbnisse etc.), jedoch wird in der alten Festungsstadt nach wie vor die Oster- oder Grabwache am Karfreitag und Karsamstag veranstaltet. Sie beginnt am Karfreitag um 14 Uhr mit dem Aufmarsch des ersten Zuges in Begleitung eines Hornisten oder Trommlers vom Schmidingerturm (Gardeheim) zum Wachlokal (Rathaus am Hauptplatz). Beim Heiligen Grab in der Pfarrkirche (Katharinenmünster) halten jeweils zwei Mann eine halbe Stunde Wache, wobei die Wachposten von einem Zugsführer angerührt werden. Vor dem Rathaus hält ein Schnarrposten jeweils eine Stunde Wache. Dort wird auch am Karfreitag um 15 Uhr bei angetretener Garde zum Gebet geblasen. Um 18 Uhr endet die Wache. Am Karsamstag um 8 Uhr beginnt der zweite Zug seine Wache. Zum Gebet wird um 12 Uhr geblasen, gleich im Anschluss folgt die Ablöse durch den dritten Zug, der die Wache um 16 Uhr beendet.
Medaillen, Bewaffnung & Fahne
Infos zu Auszeichnungen, Medaillen, Bewaffnung sowie Fahne.
Die Erbhuldigung Leopolds I. – 1658 – fand nach dem Muster von 1609 statt, wieder wurden weiße Hüte getragen, diesmal mit rot-weißen Bändern. Nach Linzer Vorbild war der rote Rock vorherrschend. Die Stände staffierten ihre mannbaren Jäger außerdem mit grünen Röcken und grünen Hüten aus, möglicherweise ein Hinweis auf die Farbe der heutigen Freistädter Uniform.
Die erste Uniformierung im heutigen Sinn haben, wie erwähnt, 1805 die Franzosen eingeführt. Vier Knaben, die am Freistädter Gardeball 1905 – also 100 Jahre später – eine historische Gruppe darstellten, erinnerten in ihrer Kostümierung an diese Zeit. Fest steht jedoch, dass die eigentümliche Kopfbedeckung der Freistädter Gardisten, der Korsikaner-, Korsianer-, korsische oder Stulphut, von den Franzosen übernommen wurde. Der Korsianerhut, links und rechts aufgestülpt und mit einem dunkelgrünen Federbusch versehen, hat bis heute alle Moden und Adjustierungsreformen überdauert und unterscheidet die Freistädter Garde ganz wesentlich von anderen. Die Offiziere tragen allerdings den Zweispitz, ebenfalls mit dunkelgrünen Hahnenfedern, bzw. die Offizierskappe, bei den Musikern ist der Federbusch weiß. Die dunkelgrüne Farbe des Waffenrocks – die Freistädter sind ja Jäger – hat sich ebenfalls fast anderthalb Jahrhunderte konstant erhalten. Schon in den Statuten des restaurierten Korps von 1841 ist von einem dunkelgrünen Rock — damals noch in Frackfacon — die Rede. Seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts ist der Schnitt des Waffenrocks demjenigen des k. u. k. Heeres angeglichen.
Seit 1841 ist auch die bei Bürgerkorps selten vorkommende Egalisierungsfarbe weinrot gleichgeblieben, was auch für die feldgraue Hose zutrifft (einfache Gardisten und Musiker schwarz). Zumindest bis 1866 – wie eine Photographie aus diesem Jahr beweist – trugen die Freistädter Gardisten weiße Pantalons. Die Passepoilierung entspricht der Egalisierungsfarbe, Offiziere tragen den doppelten Streifen. Der gekreuzte Leibriemen, wie ihn die Regauer heute noch tragen, ist hingegen 1899 abgeschafft worden. Die doppelreihigen gelben Knöpfe weisen ebenfalls eine Besonderheit auf, einen geprägten, unbewehrten und bekrönten Doppeladler mit Bindenschild, das alte Stadtwappen von Freistadt.
Offiziere tragen in Paradeadjustierung die schwarz-gelbe Feldbinde, auch Epauletten — im k. u. k. Heer unüblich und sichtlich auch ein Relikt aus der Franzosenzeit – können getragen werden und natürlich der Säbel. Übrigens waren auch alle Korpsmusiker bis 1938 mit kurzen Säbeln bewaffnet. Bei kalter Witterung sind die Musiker heute in graue, für die Art der Uniformierung leider etwas zu modische und zu kurze Mäntel gekleidet. Die Marketenderinnen tragen die oberösterreichische Tracht mit einem schwarzen Umhang bei schlechter Witterung.
Nach dem Ersten Weltkrieg waren viele Uniformen verloren gegangen und so bezog man von Wiener Altkleiderhändlem Uniformen der ehemaligen k. u. k. Armee, bzw. Waffenröcke der Burggendarmen, die infolge ihrer Farbgleichheit mit der Freistädter Uniform den Vorteil besaßen, nicht umgefärbt, sondern lediglich weinrot passepoiliert werden zu müssen. Auch die Musik behalf sich zunächst mit einem Provisorium und rückte in Feuerwehrblusen und weißen Hosen aus.
Die Kosten für eine vollständige Offiziersuniform belaufen sich auf rund 10.000 Schilling, die einer Mannschaftsuniform auf etwa 8.000,- Schilling. Hersteller früher war der Freistädter Schneider Ruhaltinger, die Kopfbedeckungen stammten vom Hutmacher Ziegler, ebenfalls eine ehemalige Firma aus Freistadt. Heute kann für das Zubehör auf alte Bestände der Garde zurückgegriffen werden.
Zur Wiedererrichtung 1961 wurde eine Verdienstmedaille in drei Klassen (Gold, Silber, Bronze) geschaffen; mit dem einfachen Stadtwappen von Freistadt und auf der Rückseite wird die Aufschrift „Wiedererrichtung 1961″ von Eichenlaub bekränzt. Diese Auszeichnung wird am grün-weißen oder rot-weißen dreieckigen Band getragen.
1960 erhielt Freistadt die bereits erwähnten Werndlgewehre aus Lienz und sieben Jahre später – wiederum eine Besonderheit und zugleich eine Groteske angesichts der Beschlagnahme der alten Gewehre durch die sowjetischen Besatzer – wurde auf russische Gewehre G 44 (mit aufklappbarem Bajonett) umgerüstet Diese Waffen stammen aus den Beständen des Verteidigungsministeriums und wurden, nebenbei bemerkt, originalverpackt geliefert.
Wie bereits angeführt, hat Kaiser Karl VI. – vermutlich während seines Aufenthaltes in der Festungsstadt – der Ortswehr 1732 die Fahne verliehen. Damals hatte sie aber keineswegs das heutige Aussehen, sondern es wurde sozusagen immer Stück für Stück dazu genäht.
Und das kam so: Zunächst dürfte das Fahnenblatt nur das Astkreuz in Form- eines Andreaskreuzes oder Burgundischen, Kreuzes getragen haben (weiß auf rotem Grund). Dieses Symbol kam in unsere Breitengrade, da der Großvater der Gemahlin Kaiser Maximilians I., Herzog Philipp der Gute von Burgund, 1430 den Orden vom Goldenen Vlies gründete, aus Konstantinopel Reliquien des heiligen Andreas erwarb und den Orden fortan unter dessen Patronanz stellte.
Besonders im Dreißigjährigen Krieg taucht das Andreaskreuz als Feldzeichen bei Truppenteilen auf, die von Seitenlinien des Erzhauses -. die nicht zur Führung des Doppeladlers berechtigt waren — errichtet wurden und ihre Zugehörigkeit zur kaiserlichen Streitmacht bekunden wollten.
Der Freistädter Fahne wurde in einer weiteren Phase der recht plump ausgeführte Doppeladler mit den von einer Art Königskrone überhöhten Initialen C VI. (für Kaiser Karl) hinzugefügt, sowie die stilisierte Privatkrone Maximilians II., bekanntlich erst nach Ende des Heiligen Römischen Reiches imperiales Symbol des Kaisertums Österreich.
Als letzte historische Zutat sind die vier Wappenschilde anzusehen, jene von Böhmen, Ungarn und Oberösterreich sowie ein unbekrönter rot-weiß-roter Bindenschild, was als Wappen von Freistadt zu deuten ist. Diese Wappen sind mit Sicherheit erst seit dem Besuch Maria Theresias in Freistadt Bestandteil der Fahne, denn die Monarchin, bekanntlich nicht gekrönte römisch-deutsche Kaiserin, sondern nur Gemahlin des Kaisers Franz I. (Franz Stefan von Lothringen), hatte nicht das Recht, den Doppeladler in den Fahnen des erbländischen Heeres zu führen. Da sie jedoch die Kronen von Böhmen und Ungarn trug und die Stände des Landes ob der Enns gehuldigt hatten und sie zudem in Freistadt gastlich aufgenommen wurde, erklärt die Wappenbilder. Der Adler mit den Initialen ihres Vaters wurde dabei wohl aus Pietätsgründen beibehalten.
Auf der Innenseite der Fahne fehlen das Astkreuz und die vier Wappen. Von einer mehrfarbig geflammten Bordüre, die mit ziemlicher Sicherheit auch einmal vorhanden war, ist heute nichts mehr zu sehen. 1850 soll die Fahne, wie man aus der Chronik erfährt, in einem ausbesserungswürdigen Zustand gewesen sein, so dass der Bürgermeister und Korpschef Thury die Damen von Freistadt bat, die Reparaturarbeiten vorzunehmen. 1888 wurde die Fahne von den hiesigen Schulschwestern einer Generalrenovierung unterzogen und 1966 spendete schließlich Gräfin Therese Kinsky eine neue Fahne, die der alten nachempfunden wurde. Das historische Fahnentuch wird heute im Gardeturm aufbewahrt.
Quellen:
Achthundert-Jahr-Feier des Bürgerkorps Freistadt, in: Linzer Volksblatt v. 19. Juli 1932.
Brixel, Eugen: Das‘ große oberösterreichische Blasmusikbuch, Wien-München 1984.
Dehio-Handbuch Oberösterreich, 6. Auflage. Wien 1977.
Festbericht vom 830jährigen Bestandsfest und der Wiedererrichtung des Bürgerkorps Freistadt. Freistadt 1962.
Fragebogen BK Freistadt, ausgefüllt von Johann Bodingbauer und Gerhard Oberreiter, Freistadt 1986.
Frank, Hans u. Litschel, Rudolf Walter: Oberösterreich in alten Photographien 1848-1914, Linz 1979.
Grundsätze der Verfassung des Dienstes und des übrigen Verhaltens des Freystädter Bürger-Jäger-Corps. Freistadt 1841/Linz 1846.
Interview mit Ing. Robert Soukup und Franz Bürgermeister. Hörsching, 16. Nov. 1985.
Jäkel, Josef: Geschichte des privilegierten uniformierten Bürgercorps in Freistadt zur Weihe des von Sr. Majestät dem Kaiser gespendeten Fahnenbandes bei der Feier seines 600jährigen Bestehens, 2. umgearbeitete und vermehrte Auflage, Freistadt 1901.
Mitteilungen des Reichsverbandes der österreichischen Bürger- und Schützenkorps. Nr. 4, Graz, 24. Juni 1932.
Protokoll der Sitzung des Delegierten-Komitees der österreichischen Bürger- und Schützenkorps, Brunn, 16. Feb. 1908.
Protokoll des Verbandstages der österreichischen Bürger- und Schützenkorps, Brunn, 8. Sept. 1913.
Pühringer, Franz: Das privilegierte uniformierte Bürgerkorps der Stadt Freistadt (hektographiertes Manuskript), Freistadt 1985.
Soukup, Robert: Chronik des Bürgerkorps Freistadt (Tafeln im Gardeheim Schmidingerturm).
Statuten des uniformierten Bürgerkorps der k. k. l. f. Stadt Freistadt, Freistadt 1910.
Ulm, Benno: Festschrift anlässlich der Neuweihe der Fahne des privilegierten uniformierten Bürgerkorps der Stadt Freistadt, Freistadt 1966.
Vierteljahresschrift des Reichsverbandes der österreichischen Bürger- und Schützenkorps Nr. l, Graz, Oktober 1932.
Vierteljahresschrift des Reichsverbandes der österreichischen Bürger- und Schützenkorps Nr. 6, Graz, Juni 1934.